Welchen Raum brauchst Du für deine Kunst?
Das sind klar zwei «Räume»: Die Strasse und meinen Computer. Die Strasse ist der Ort, wo ich mich bewege, wo ich Themen finde, Menschen treffe, wo ich mich einmische und neue Projekte entwickle. Der Computer ist meine virtuelle Welt, wo ich meine Recherchen mache und die Projekte technisch umsetze und bearbeite.
Viele meiner Arbeiten sind in der Strasse, in der ich wohne, entstanden: an der Untergasse in Biel/Bienne. Hier habe ich 2006 die Off Space Lokal-int. gegründet und 2010 den Public Art Space Juraplatz initiiert. Arbeiten wie «Claude» oder «K-Objekt» haben ebenfalls hier ihren Anfang genommen. Und weitere Projekte sind bereits im Gang.
Daneben bin ich aber auch viel im Ausland unterwegs, vor allem mit dem Künstlerkollektiv Nine Dragon Heads. Ich habe an Symposien und Ausstellungen in Usbekistan, Georgien und Italien mitgemacht. Diesen Sommer werde ich anlässlich des 20-Jahr-Jubiläums der Nine Dragon Heads meine neue Arbeit «La Tombola» an der Biennale von Venedig präsentieren.
Sind gesellschaftliche Fragen Thema deiner Kunst?
Ich bin 1969 in Chile geboren. 1973 war der Putsch von Pinochet. Ich habe meine Kindheit und Jugend in der Zeit der Diktatur verbracht. «Sprechen» war verboten. Heute spiele und spreche ich durch meine Kunst, die auch politische und aktuelle Themen beinhaltet, die mich beschäftigen. Jede Ausstellung ist eine Möglichkeit, etwas zu sagen. Mich interessiert vor allem, was sich unter der Spitze des Eisbergs befindet – für mich ist es nicht unbedingt nötig, dass die Spitze selber glänzt.
Suchst du die Öffentlichkeit?
Ja, zum Arbeiten und um meine Werke zu präsentieren. Am spannendsten finde ich es, meine Arbeiten im öffentlichen Raum zu zeigen. Zum Beispiel mit Plakat-Aktionen, Bahnhof-Screens oder, wie im Fall von «Marzili Beach», mittels Interventionen an öffentlichen Orten.
Wo siehst Du Potential zur Nutzung des öffentlichen Raums?
Überall, wo es Platz und einen Raum gibt. Der Public Art Space JURAPLATZ zum Beispiel, den ich vor fünf Jahren in Biel initiiert habe, befindet sich an einer Bushaltestelle. Hier steht eines der gut erhaltenen ehemaligen Wartehäuschen aus den 1930er-Jahren. In diesem kleinen Raum zeige ich regelmässig Videoarbeiten von nationalen und internationalen Künstlern. Der Bus kommt alle neun Minuten, die Leute, die auf den Bus warten, haben etwas zu sehen. Das ist mir wichtiger als eine Vernissage.
Magdalena Schindler, Journal B